Herbert Brandls Malerei oszilliert zwischen Abstraktion und Figuration, auf schmalem Grat, auf Messers Schneide, auf dem Königsweg der Malerei. Seinen Bergbildern, den Auen-, Wald- und Wiesenbildern stehen immer auch luftige, farbig leuchtende, abstrakte Kompositionen gegenüber. Wenn Herbert Brandl Natur und ihre Stimmungen ins Spiel bringt, berühren sich Malerei und Natur in Momenten wie Licht, Bewegung, der fortdauernden Energie und der Zeit. Selbst in den abstraktesten Kompositionen sind Imaginationen von einbrechenden Sonnenstrahlen, fließenden Gewässern, vom Grün der Blättern oder Wiesen möglich.
Die Bilder befinden sich an dem Punkt, wo die Vorstellung vom Naturgegenstand und die Emotionalität von Farbfeldern eins werden. Er arbeitet mit den physikalischen Gegebenheiten der Farbe und malt ‚absichtslose’ Bilder, gleichsam unverstellt. Seine Malweise ist rasch, intuitiv, frei von zielgerichteten Vorstellungen, das heißt, „konzentriert wie ein Zen-Maler” (Herbert Brandl).
Oft malt Herbert Brandl nach fotografischen Vorlagen, denen er den konventionellen Blick, das Klischee, den Kitsch und den touristischen Missbrauch austreibt, indem er es auf die Spitze malt. „Es sind Bergbilder ohne Titel. Das heißt, mich interessiert nicht, wie der Berg benannt wird, sondern eher das Wesenhafte der Form des Berges.“ (Herbert Brandl) Das gilt nicht nur für Berge. Und heißt vor allem, Natur für die Malerei zurückzugewinnen, das Überwältigende, das Sublime als Erinnerung und Nachbild ihrer Stimmungen zu fassen.
Die neue Bildserie zur Schwarzen Sulm ist eine Kampfansage an einen ganz spezifischen Missbrauch von Natur: die geplante wirtschaftliche Verwertung – und damit verbundene Zerstörung – eines der letzten intakten Flüsse Österreichs. Die Schwarze Sulm in der Weststeiermark steht mit Teilen ihres Einzugsgebiets unter EU-Naturschutz. Vor der Marktgemeinde Schwanberg ergießt sie sich über eine Schluchtstrecke. Die Schluchtstrecke, forstlich nahezu unerschlossen, ist Habitat seltener und gefährdeter Flora und Fauna, die Flussqualität der Schwarzen Sulm erreichen nurmehr 4 % der Flüsse Österreichs.
Ein Privatinvestor hatte die profitgierige Idee, Sulm-Trinkwasser zu verkaufen und gleichzeitig über ein Kraftwerksystem Strom zu gewinnen. Dabei soll über kilometerlange Druckrohrleitungen die Schwarze Sulm trockengelegt werden, doch der Stromgewinn ist gering. Um die Konzession für einen derartig absurden Eingriff in einem erklärten EU-Naturschutzgebiet zu erhalten und die Richtlinien zu unterwandern, wurde in Absprache mit der Landesregierung Steiermark die Flussqualität herabgestuft. Die Bagger rollen an, Umweltorganisationen gehen in Stellung. Conquer the Bulldozer Empire! Herbert Brandl und seine Hyänen sind am Sprung. Er hat ein Haus in der Umgebung von Schwanberg, für ihn ist das Wildwasser der Schwarzen Sulm Kindheitserinnerung und Quell künstlerischer Naturwahrnehmung. Seine Nahsicht auf das wilde Gewässer – denn Schluchten gibt’s nicht im Überblick – sind auf dem Königsweg der Malerei auch als persönlich motivierter Kampf gegen Naturzerstörung lesbar. Inzwischen hat auch das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft gegen die profitliche Verbauung Amtsbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof vorgelegt.