Jan Thorn-Prikker im Gespräch mit Günter Umberg
Günter Umberg, Ihre Baseler Arbeit bezeichnen Sie als Modell? Warum?
Das Bilderhaus ist ein Modell, Kunst zum Zwecke der Kunst. Der Turm besteht aus Modulen, die wie ein Rahmenwerk fungieren. Mal groß, mal kleiner, schmal oder breit, mal fast quadratisch, dann wieder hochkant in die gesamte Raumhohe strebend. Sie fügen sich mit den eingestellten Tafeln zu einem Raumgebilde. Die gedachten und angesprochenen Bilder sind somit integraler Bestandteil des Gebäudes.
Sie verzichten darauf, das Modell, die Rahmenkonstruktion mit den Werken anderer Künstler tatsächlich zu füllen. In Museum Moderner Kunst Frankfurt haben Sie noch Werke gezeigt, auch wenn diese unsichtbar waren. Radikalisieren Sie lhren Ansatz noch einmal? An der Stelle, an der eigentlich wirkliche Kunstwerke ihren Platz im Bilderhaus finden müssten, stehen jetzt nur Verweise in Form von leeren Bildtafeln. Könnte man ihre Baseler Arbeit als “leere Form” bezeichnen?
Der Begriff der leeren Form gefällt mir. In diesem Konzept zielt die Abwesenheit von Originalwerken auf Fragen wie Anwesend- und Abwesendsein, auf Sehnsucht, Erinnern und Vorstellen. Die leere Form ermöglicht mir das eigene Werk mit anderen Werken in eine neue Ordnung übergehen zu lassen.
Der Titel der Arbeit bezieht sich auf das Zisterzienserkloster Fontfroide in Südfrankreich aus dem 12. Jahrhundert und verweist auf den Anspruch des Ordens, einen Neubeginn in einer neuen Geistigkeit zu suchen, gegen die Opulenz des Klerus und die rein schmückende Verwendung der Bilder. Das Baseler Bilderhaus stellt Fragen nach der Bestimmung der Bilder. Welche Handlungsfreiheit hat man im Umgang mit den Werken? Vermag der Künstler sein Werk zu entlassen, es in eine andere Verantwortung weiterzugeben?
Meine Vorstellungen von Bildern wachsen mit Bildern. Seit vielen Jahren schon ist bereits ein Bilderhaus in meinem Kopf entstanden. Jetzt versuche ich, das, was im Kopf ist, was aus einem Erlebnis der Erfahrung mit Bildern entstand, zum gebauten Bild zu machen. Das Bilderhaus ist ein Archiv, das aus mir heraustritt. Ich trage das schon lange mit mir herum. Das hat sehr viel mit erfahrener Zeit, mit Erfahrung zu tun. Wenn man Bilder liebt, dann lässt man sie auch nicht los.
(gekürzte Fassung des Gesprächs vom 15.4.2004)