Katharina Grosses Malerei ist in erster Linie ein intensives, gleichwohl irritierendes Farberlebnis. Die Industriefarben, die sie sowohl mit breitem Pinselstrich als auch mit Airbrush-Pistole verwendet, schaffen mehrdeutige, sich widersprechende oder auch dissonante pikturale Oberflächen. Breite, lasierend aufgetragene Farbbänder, die sich in mehreren Schichten überlagern, oder auch durchscheinende Kreisformen weisen über die Begrenzung des Bildträgers hinaus. Partiell in an- und abschwellender Dichte opak übersprayt, wird der Bildraum zwischen illusionistischer Tiefe und faktischer Oberfläche gänzlich ambivalent.
„Die Erscheinungsform eines Kunstwerks kann viele Träger haben“ (KG). Katharina Grosses Malerei flutet über Leinwände in Ausstellungsräume hinein und über diese hinaus. Sie manifestiert sich direkt auf der Wand, in Ecken, Zwischenräumen, in Stiegenaufgängen, auf Außenfassaden, bezieht gewaltige Luftballons, Erdhaufen, Styroporträger in ihre Bewegung ein. Vergänglichkeit ist mitgedacht.
Katharina Grosse studierte Malerei bei Norbert Tadeusz und Johannes Brus in Münster und wurde Meisterschülerin von Gotthard Graubner in Düsseldorf. 1992 gewann sie den Villa-Romana-Preis, der damit verbundene mehrmonatige Florenzaufenthalt gab ihr Gelegenheit, sich von der Freskomalerei der italienischen Renaissance anregen zu lassen.
Katharina Grosses Malerei ist ein risikoreicher, performativer Akt. Er hebt die Grenzen von Objekten auf. Risikoreich zumal, denn „im Unterschied zum konzeptuellen Denken hat meine Malerei keine vorgedachte Form. (...) In dem Überfluten mit Farbe liegt ja auch etwas Absurdes, diese Arbeit lässt nicht viel Spielraum für Überlegungen, ob das Werk erfolgreich ist oder die Zeit überdauert.“ Damit ist Katharina Grosses Malerei grundsätzlich demokratisch, unkalkuliert, unhierarchisch und orientiert sich an Strategien des Fußballspiels und dessen Handlungsspielräumen als Metapher: „Wegen der Bewegungen auf dem Feld. (...) Ja, klar. Die Raumaufteilung. Das Gefühl für Raum und Entfernung.“
Die In-Situ-Arbeiten, die in den letzten Jahren als überwältigende Raumarbeiten in Museumsausstellungen weltweit Furore machten, bedingen die Studio-Arbeiten und vice versa. Die „portablen“ Bilder - ob rektangulär, kreisrund („Tondi“) oder konkav-elliptisch (zuletzt in der Temporären Kunsthalle Berlin) sind „weder eindeutig bildlich-autonom noch ausschließlich situativ. (...) Ich beginne, in den Leinwänden eine Entsprechung zu finden für die Raumdopplungen in den In-Situ-Arbeiten.“ Wir zeigen eine neue Werkserie, die Erde als Material in den Farbauftrag integriert. Damit arbeitet Katharina Grosse materialiter ihre Raumarbeiten ins Bild ein.