Exhibition Christoph Weber; 2015 — Galerie nächst St. Stephan

Christoph Weber

Exhibition
Introduction
Konrad Bitterli, curator, Kunstmuseum St. Gallen
Grünangergasse 1
1010 Vienna
29 Jan14 Mar 2015
Exhibition Christoph Weber; 2015 — Galerie nächst St. Stephan
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CHRISTOPH WEBERS SKULPTURALE KÖRPER

Augenzwinkernd mit „Not yet titled“  betitelt der in Wien lebende Künstler Christoph Weber  eine aktuelle Bodenskulptur aus Beton, die sich sanft über eine Stahlplatte legt. Damit verweist der Künstler auf den Moment des Bestimmens auch in der Formfindung. Weber faszinieren die Qualitäten „seines“ Werkstoffs Beton: die spezifische Formbarkeit, die Verarbeitung und das darin angelegte Gestaltungspotential. Es sind der Prozess des Aushärtens und die Möglichkeiten, dabei formend einzugreifen, die er sich für seine Skulpturen zunutze macht. Er setzt das Material verschiedensten Kräften aus, legt es über eine Stahlplatte, kippt es um, lässt es in sich zusammenfallen… Diese Bewegungen bleiben in seinen skulpturalen Körpern stets sichtbar: Das Werk ist gleichsam eingefrorener bzw. ausgehärteter Prozess.
 
Webers Skulpturen mit ihren Faltungen und Verwerfungen könnten als künstlerische Modelle für tektonische Vorgänge (miss)verstanden werden. Allerdings verweigert sich sein Werkstoff einer derart eindimensionalen Lektüre, verweist Beton doch auf industrielle Fertigungsprozesse in der Architektur und steht exemplarisch für die Versprechungen der Moderne. Zudem fand der Begriff Verwendung in der „No Future“-Generation der späten 1970er Jahre, als „Beton“ die Verkrustung der bürgerlichen Gesellschaft meinte. Künstlerische Werkstoffe sind nie wertneutrale Materialien, sie verfügen über ein Bedeutungspotential, das den entstehenden Dingen eingeschrieben bleibt. Betonarbeiten evozieren eine Metaphorik von Gewalt und Macht. Weber erweitert diese in den von ihm ausgelösten formalen Prozessen um entscheidende Momente wie Verletzlichkeit oder Fragilität und verdichtet seine Skulpturen zu vielschichtigen Metaphern zwischen Macht und Ohnmacht, Erschaffen und Zerstören…
 
Formal verweist Webers skulpturales Schaffen auf künstlerische Traditionen, wie sie in der Berner Ausstellung Live in Your Head. When Attitudes Become Form 1969 zum Durchbruch gelangten, als das Verständnis des Kunstwerks als Artefakt zugunsten prozessualer Ansätze radikal aufgebrochen wurde. In der Ausstellung Post / Postminimal 2014 im Kunstmuseum St. Gallen trafen Werkgruppen der damaligen Postminimal Art auf Skulpturen zeitgenössischer Kunstschaffender. Dabei geht es heute weniger um einen gesellschaftlichen Aufbruch oder das Überwinden eines künstlerischen Kanons, sondern um deren inhaltliche und materielle Neubestimmung. Zeitgenössische Künstler wie Christoph Weber bauen selbstverständlich auf den formalen Recherchen der Vergangenheit auf, verbinden diese mit den Erfahrungen von heute und schaffen Werke, die von einer eigenen Sensibilität getragen sind und die Möglichkeiten zeitgenössischer Skulptur souverän ausloten. Thomas Trummer schreibt im Zusammenhang mit Webers Betonarbeiten vom „Stresstest des Dinglichen“ und eröffnet jene für die Gegenwartskunst so entscheidende Doppelperspektive - auf die materiellen Eigenschaften genauso wie auf die inhaltliche Dimensionen. Gerade in deren Verschränkung liegt das eminent Zeitgenössische von Webers künstlerischem Werk. In diesem Sinne handeln seine skulpturalen Körper von ihrem materiellen Grund und sind zugleich Sinnbild für die „conditio humana“ einer Welt, wie sie Gerhard Polt so kongenial als „Paradies aus Farbig-Beton“ besang.
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  • Markus Wörgötter

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