Zum Werk von Ferdinand Penker
Die Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder zeigt zum ersten Mal nach dem frühen Tod von Ferdinand Penker eine Werkauswahl.
Penkers Malerei stellt die Kunstkonventionen in Frage: Sein starkes Interesse an Architektur schlägt sich nicht in Skulpturen nieder; stattdessen inszeniert Penker lebenslang den spannungsvollen Dialog von Fläche und Raum. Seine meist luftig monochromen Gemälde scheinen sich einer spontanen Geste zu verdanken, die sich aber bald als geduldige Inszenierung erweist. Leinwände, Zeichnungen und Drucke bezeugen, dass Penker das traditionelle Feld der Malerei nie verlassen hat. Und doch erkennt man sie bald als Momentaufnahmen eines Arbeits- und Lebensprozesses, dem das eigentliche Interesse des Künstlers galt.
Ungewöhnlich ist bereits die Biografie. Der 1950 geborene Künstler entschloss sich trotz seines Kunstinteresses für das Studium der Medizin und brachte davon eine konzeptuelle und forschende Herangehensweise mit. Die Bekanntschaft mit Josef Albers 1971 ließ ihn 1977 nach San Francisco übersiedeln, wo er ab 1982 an der UC Davis auch lehrte. Das Licht Kaliforniens beeinflusste sein Kunstverständnis genauso wie die minimalistische Kunst seiner Westküsten-Kollegen, eine Sensibilität, die auch nach seiner Rückkehr nach Österreich 1987 bestimmend blieb. Aufenthalte in Afrika und Japan gaben für die Weiterentwicklung seines Werkes starke Impulse. Penker starb überraschend im letzten Jahr.
Die Architektur gab den entscheidenden Anstoß für Ferdinand Penkers Kunstentwicklung. In ersten perspektivischen Zeichnungen beschreibt Penker die Bewegungen, mit denen das Auge über die Formen gleitet. Dann ‚entfaltet‘ er diese Architekturfragmente und übersetzt sie – wie bei Ausschneidebögen – in die Fläche. Die Spannung zwischen Fläche und Raum begleitet Penker ein Leben lang, etwa wenn er seine Gemälde zu Installationen zusammensetzt oder ganze Räume um ein Gemälde baut. Ab 1975 gewinnen Farben und Gestaltungsprozesse die Oberhand und lassen die abbildenden Elemente allmählich verschwinden. Penker baut seine Bildoberflächen aus unzähligen kleinen Pinselschlägen auf. Auch wenn dieses Allover in den achtziger Jahren gestischer und damit dramatischer wird, so trügt der Schein: Diese Malereien folgen einer subtilen Zeitdramaturgie von Verlangsamung und Auslassung. Ferdinand Penker verlangt Sachkunde und genaues Betrachten, um hinter dem modischen Schein die wirklichen Prozesse wahrzunehmen.
Tatsächlich ist Malen für diesen Künstler wohl wichtiger gewesen als Malerei, der Prozess – auch verstanden als Investition von Lebenszeit – sein zentrales Motiv. Dafür sprechen vor allem Indizien: Schon in Kalifornien hat er die dortigen Erden für seine Malerei aufbereitet und so einen Zusammenhang zwischen Lebensort und Bild geschaffen. Das Sammeln von Pigmenten und das Ansetzen der eigenen Farbmaterialien erschien Penker stets als Teil seines Schaffensprozesses. Für sein performatives Verständnis der Kunst mag ihn auch seine Musik sowie sein Interesse am Film sensibilisiert haben. In den späten Installationen, etwa wenn er 1986 und 2008 während seiner beiden Japanaufenthalte das Leben eines sich freiwillig von der Gesellschaft isolierenden Hikikomori nachstellt, zeigt sich außerdem ein Interesse an der sozialen Prägung von Lebensformen.
Nach der umfangreichen Personale 2010 im MMKK Museum Moderner Kunst Kärnten ermöglicht die Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder jetzt eine erneute Auseinandersetzung mit dem Werk dieses bedeutenden österreichischen Künstlers. Und dieses zweiten Blicks bedarf es: Ferdinand Penker selbst hat mit hintergründigem Humor Missverstehen und den konventionellen Blick provoziert. Dies hat seine Rezeption im Kunstbetrieb erschwert. Umso lohnender ist jetzt die erneute Auseinandersetzung jenseits von Stilen und Moden.
Gemeinsam mit Dor Leitner-Penker betreut die Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder den Nachlass des Künstlers.—
Stephan Schmidt-Wulffen