Einer der Sentences on Conceptual Art von Sol LeWitt aus dem Jahr 1969 lautet: „Conceptual artists are mystics rather than rationalists. They leap to conclusions that logic cannot reach.”
Heinrich Dunst interessiert sich für diese Sprünge, mehr aber noch für die Brüche, die dabei passieren, die harten Landungen, das Aufschlagen in möglichst unbekannten Zwischenräumen des Logischen und Rationalen, dort, wo sich Spannungen, Paradoxien und Unklarheiten zeigen; die unvorhersehbaren Entdeckungen und Orte im inzwischen ziemlich durchkartographierten Terrain des Konzeptuellen.
Bei seiner aktuellen Ausstellung vollzieht Heinrich Dunst einen Sprung in drei Schritten, einen Drei-Satz, der am Raum der Ausstellung seinen Ausgang nimmt. Die Längswand rechts nach dem Eingang wird durch das Aufmalen von zwei Wörtern direkt ins Geschehen involviert: „think“ und „wall“, wodurch sich in der Rezeption ein Prozess des Fragens und Reflektierens in Gang setzt. Die ersten Spannungen treten auf, indem zugleich zwei verschiedene Modi des Sprachlichen aktiviert werden, der deskriptive und der performative. Die Be- oder Kennzeichnung der Mauer durch das entsprechende Wort vermengt sich mit der Konnotation der Aufforderung, sich eine Wand vorzustellen. Was ist das also? Eine Wand, die denkt, oder eine sprechende Wand, die uns eine Wand denken lassen soll?
Eine mögliche Antwort zeigt sich gegenüber auf der anderen Seite des Raums, der zweite Schritt. Die dort lehnende Wand aus Pressspanholz könnte die Materialisierung, die physische Übersetzung unserer Gedanken sein. Entscheidend ist der Konjunktiv: die gedachte Wand, die sein könnte, aber nicht muss; ein kontingenter Zustand des Nicht- oder Noch-nicht-Realen, des Unfertigen; ein unabgeschlossener Prozess, der sich in der begonnenen Bemalung der Wand wiederholt und akzentuiert. Mit der einfallenden Farbigkeit von links oben beginnt zugleich die Ablösung des Sprachlichen durch das Visuelle. Am Horizont tauchen diskursive Fragen zur Malerei auf: Ist die Wand bei der Wand doch eher ein baldiges Bild oder dessen Träger oder ein minimalistisches Objekt?
Die Wand springt also vor und zurück, ganz analog zum Ausstellungsraum, dessen architektonische Unruhe Heinrich Dunst zum finalen, dritten Schritt nutzt, in dem sich der bereits angekündigte Einzug des Objekthaften vollzieht. Die Wandöffnung an der Rückseite gibt den Blick frei auf einen dort hängenden 3D-Druck; ein weißes amorphes Ding, dessen Form einem gefundenen Alltagsgegenstand folgt, der per Scan abgenommen wurde – Reales in realer Doppelung, über den Umweg des Digitalen, dem jede Zuordenbarkeit fehlt.
Wo sind wir also gelandet? Die Klarheit der drei Relationen – Wort-Gedanke, Gedanke-Objekt, Objekt-Objekt – täuscht. Hier läuft nichts tautologisch im Kreis wie bei Joseph Kosuth und seinen berühmten 3-Stuhl-Fassungen, einmal als Wort, als Bild und als Objekt. Der Kreis soll vielmehr verlassen werden, die Übersetzungen sollen und dürfen scheitern, um dabei Neuem zu begegnen. Die Unabgeschlossenheit ist das Ziel. read/red/ready?