Mit seinen neuesten Bildserien entfaltet Herbert Brandl in seiner aktuellen Einzelausstellung in der Galerie eine faszinierende Grenzenlosigkeit. Die Präsentation wird zu einer Reise zwischen Erde und Weltall mit wechselnden Dimensionen und Blickpunkten, dargestellt in perspektivisch unerwarteten Naturbeobachtungen und psychedelischen, wilden Farbexperimenten.
Die Apollo 17, der letzte bemannte Flug zum Mond, hat uns 1972 zum ersten Mal einen von Menschen gemachten, vollständigen Blick auf die Erde gezeigt – gesehen aus dem Weltall. Diese spektakuläre Perspektive übernimmt Herbert Brandl für seine neue Serie, die er dem Pazifik, dem größten und tiefsten Ozean der Erde, widmet. Aufnahmen aus dem All, wie sie die space night, das legendäre Programmformat des deutschen Fernsehens zeigt, bilden die Vorlagen für Brandls Malerei. Aus mehreren hundert Kilometer Höhe öffnet sich der Blick auf die Weiten des Pazifiks. In der Gesamtheit unmöglich zu fassen, füllen in einer Ausschnitthaftigkeit blaue Farbtöne den Bildraum zur Gänze aus. Stellenweise werden diese von hellen Farbflecken und Rottönen überlagert, deren schemenhafte Strukturen an Wolkenformationen oder Fischschwärme sowie an die zarten Reflexionen von Sonnenstrahlen denken lassen. Brandl nutzt die ungewöhnlichen Aufnahmen für ein reizvolles Spiel von Gegenständlichkeit und Abstraktion: Die Bilder aus dem All lassen den Pazifik aufgrund der Höhe und der eingenommen Perspektive bereits als eine abstrakte Komposition erscheinen, die Brandl scheinbar unverändert in seine Malerei übersetzt. Der Prozess des Abstrahierens beginnt nicht erst auf der Leinwand, sondern findet bereits durch einen hochentwickelten technischen Vorgang statt.
Die Uneindeutigkeit von Mikro- und Makroebenen, von Nah- und Fernansichten führt Herbert Brandl auch in seinen neuesten abstrakten Bildern fort. Expressive, gestische Malerei mit leuchtenden Acrylfarben wecken Assoziationen von Wasser, Feuer oder Landschaften, bis hin zum Blick ins Universum. Mitunter erinnern die Werke an radioastronomische Aufnahmen außerhalb des für uns wahrnehmbaren Lichtspektrums, die erst in Farbe übersetzt werden müssen, um sie sichtbar zu machen.
Nach permanenten, überraschenden Perspektivwechseln – geografischen wie assoziativen – führt Herbert Brandl schließlich mit ruhendem Blick zu einem Motiv, das er in unzähligen Facetten dargestellt hat: dem Berg. Er zeigt ihn uns in seiner neuen Serie frontal, als Solitär, der sich kaum vom Bildrahmen begrenzen lässt. Wie die Bilder der Ausstellung ist auch dieses Sujet eine Übersetzung der Kraft der Natur und ihrer Einzigartigkeit, die es zu bewahren gilt.
Herbert Brandl hat in den letzten 15 Jahren neben seiner Malerei ein beeindruckendes bildhauerisches Werk geschaffen. Die Skulpturen zeigen Darstellungen von Raubtieren in freien Interpretationen sowie Figuren, die von einer inneren Ruhe gekennzeichnet sind. Eine Auswahl von diesen Skulpturen wird an einem zweiten Standort präsentiert, der nach Vereinbarung besichtigt werden kann.