Die Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder zeigt die sechste Einzelausstellung von Karin Sander, kuratiert von Sassa Trülzsch, mit historischen sowie neuen Arbeiten. Damit blickt sie auch auf eine fast 30jährige Zusammenarbeit mit der Künstlerin zurück.
Als Rückgriff auf ein zentrales Werk aus dem Jahr 1993 wird im ersten Raum der Galerie eine mit Rauhfaser tapezierte Wand gezeigt, auf der drei übertapezierte Bilder samt ihren Rahmen hängen, ganz als hätte man vergessen, die Bilder beim Renovieren abzuhängen. So sind die Bildmotive unter dem grobkörnigen Tapetenmaterial verschwunden und bilden ein monochromes Relief. Was sich als Bildmotiv darauf befunden haben mag, verbleibt in der Imagination der Betrachter:innen. Das Bild wird zur Projektionsfläche und potenziert sich in der Vielzahl seiner imaginären Möglichkeiten.
Für die Ausstellung in der Galerie ließ Sander erstmals eine historische Landschaftsmalerei aus dem Kunsthaus Zürich 3D-scannen und -printen. Die zweidimensionale malerische Übersetzung einer realen Landschaft wird ins Objekthafte und somit wieder ins Dreidimensionale transformiert.
In der Gegenüberstellung aktueller Arbeiten stehen, wie in eine andere Wirklichkeit übertragen, die 3D-Google Earth Scans: ihr Reflexionsfeld umspannt die gesamte Erde. Die Künstlerin nähert sich den Massen der ihr bei Google zu Verfügung stehenden digitalen Daten wie gefundenen Objekten. Ihr minimaler Eingriff besteht darin, die Daten von ausgewählten Berglandschaften in einem Maßstab auszuwählen, der gerade groß genug ist, um jeden Berg und den ihn umgebenden Kontext zu erfassen. Die maximale Breite des Druckers bildet dabei, wie eine Leinwand in der Malerei, die Begrenzung der Arbeit.
Zusätzlich wird der Ausstellungsraum im LOGIN leuchtend rot vom Gallery Google Maps-Icon illuminiert und verweist direkt vor Ort auf den eigenen Ort: die Galerie.
Seit mehr als 30 Jahren arbeitet Karin Sander mit unterschiedlichsten Medien, von Skulpturen über Installationen bis hin zu architektonischen Interventionen. In Ihrer künstlerischen Praxis hinterfragt sie gegebene Situationen in Bezug auf ihre strukturellen, sozialen und historischen Kontexte und macht sie unter Verwendung unterschiedlicher Medien sichtbar. Mit Skulpturen, Installationen, Zeichnungen, Filmen, Fotografien und computerbasierten Technologien inszeniert sie Orte und generiert neue Codes für bestehende Systeme und Ordnungen.
KARIN SANDER, geboren 1957 in Bensberg, lebt und arbeitet in Berlin und Zürich. Von 2007–2023 hatte sie die Professur für Architektur und Kunst an der ETH Zürich inne, wo sie die Forschungsgruppe in 3D Modelling / 3D Printing und in Hybrid Reality initiierte und leitete. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen, ist Mitglied im Deutschen Künstlerbund und Direktorin der Sektion Bildende Kunst der Akademie der Künste, Berlin.
Karin Sander vertritt zusammen mit Philip Ursprung (Architektur- und Kunsthistoriker) mit ihrem Projekt „Neighbours“ aktuell die Schweiz im Schweizer Pavillon auf der 18. Internationalen Architekturausstellung - La Biennale di Venezia.
ANETTE SÜDBECK ist Kunstwissenschaftlerin und geschäftsführende Kuratorin der Secession Wien.
SASSA TRÜLZSCH ist Kunsthistorikerin und Kuratorin. Sie entwickelt Konzepte in Zusammenarbeit mit Künstler:innen und Architekt:innen. 2023 ist sie Managing Curator für das Projekt „Neighbours“ im Schweizer Pavillon im Rahmen der 18. Internationale Architekturausstellung - La Biennale di Venezia.